Die Kleine Höchst bei Ludwigswinkel-Schöntal

(Geschrieben ca. 2006 - Überarbeitet 2018)

 

 

Die Kleine Höchst ist ein Berg zwischen Ludwigswinkel und dem Ortsteil Schöntal. Auf seinem Rücken zieht sich ein verwittertes Felsenband hin. Allerdings ist es im Sommer wegen der vielen grünen Baumwipfel kaum zu sehen. Der Abschlussfelsen der Kleinen Höchst (oberhalb von Schöntal) ist ein zerklüfteter und beeindruckend hoher Felsblock. Leider ist er nicht begehbar.

Geodaten:

N  49°  4,835´     O  7°  39,580´      Höhe unterhalb 282 m

 

  

 Die Geistermeute 

Am Fuße des Kleinen Höchst lag früher eine Schuhfabrik, heute ist sie moderner Sitz verschiedener Dienstleistungs-Unternehmen. Dahinter verborgen stehen am Waldrand ein paar stattliche Gebäude. Das letzte davon war das alte Forsthaus. Hier haben über die Zeiten hinweg viele Förster und Jäger gelebt und gearbeitet und mit ihnen ihre treuen Jagdhunde. Die meisten dieser Hunde hatten ein gutes und spannendes Leben, denn was gibt es Schöneres, als täglich mit seinem Herrn im Wald unterwegs zu sein?

Herr und Hund gehören zusammen. Aber leider leben Hunde nicht so lange wie Menschen. Wenn dann solch ein treuer Vierbeiner starb, wurde er von der Försterfamilie liebevoll im Forsthausgarten begraben. 

 

So kommt es, dass über die Zeiten, viele Hunde in diesem Garten beerdigt wurden. Irgendwann nach vielen Jahren wurden sie vergessen.
 


Doch in stürmischen Neumondnächten, wenn es ganz dunkel ist und der Wind durch die Wipfel pfeift und jault, dann wachen alle diese Hunde wieder auf. Sie strecken ihre Glieder, springen wie wild umher und sind wieder voller Jagdfieber. Hechelnd und jaulend schließen sie sich am Kleinen Höchst zu einer Geistermeute zusammen. Auf zur wilden Jagd! 

Für dich als Menschen, der in dieser dunklen Nacht noch unterwegs sein muss, ist es jedes Mal dasselbe: Erst trägt der pfeifende Wind ein leises Schnüffeln und Hecheln herbei. Doch schaust du dich um, siehst du nur treibende Blätter. Mit der nächsten Sturmböe knacken plötzlich die Zweige. Ein geisterhaftes Rauschen und Jaulen setzt ein. Aber es kommt nicht vom Wind aus den Bäumen. Nein, es nähert sich vom Tal her, vom alten Forsthaus herauf.

Wie das hechelt und schnauft und trappelt! Näher und näher kommt die wilde Meute. Schon sind sie bei dir, diese hetzenden schwarzen Schatten! Fast bleibt dir vor Schreck das Herz im Leibe stehen! Doch die Geisterhunde nehmen keine Notiz von Menschen. Sie jagen knurrend und jaulend durch dich hindurch, den Hohlweg entlang und weiter den Hang hinauf. Dort springen sie mit lautem Heulen auf den Felsen und jagen mit Getöse über den Bergkamm hinweg. Der Sturm tobt und pfeift, und die Hunde jaulen und heulen, dass es einem durch Mark und Bein geht. Und selbst wenn der Wind endlich abflaut, ist ihre wilde Jagd in der Ferne noch zu hören.

In solchen Sturmnächten schließen die Leute in Schöntal ihre Fenster besonders fest und stellen ihre Fernseher lauter. Sie wissen zwar, dass die Geisterhunde nur jagende Schatten sind und sie den Menschen nichts zu leide tun. Aber bei ihrem Heulen und Jaulen, ihrem Keuchen und Trappeln läuft auch den Mutigsten ein Schauer über den Rücken. 

Der einzige, der sich nicht fürchtet, ist der alte Förster im Forsthaus. Ihm schaudert zwar auch ein wenig. Aber dann öffnet er doch kurz sein Fenster und hält den Kopf in den pfeifenden Sturm. Er versucht, einige der jagenden Schatten zu erkennen, und ruft ihnen zu: „Na dann, meine guten, alten Freunde, Waidmannsheil! Habt viel Spaß beim Jagen!“