Samsberg bei Fischbach
 

Am nordwestlichen Rand von Fischbach liegt der Große Samsberg (Von der Straße aus sind daneben direkt am Ortsende die Felsen des Kleinen Sams-berges zu sehen) . Rund um seine Kuppe führt ein bequemer, wenig begangener Weg. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf den Ort  und das malerische Sauertal.


Geodaten bei der Sitzgruppe unterhalb des Gipfels:

N  49°  5,639´       O  7°  42,305´        Höhe: 293 m

 


Die Wühlgeister vom Samsberg 
(Geschrieben 2007 - Überarbeitet 2018)


Vor einigen Jahren stiegen zwei Männer auf den Großen Samsberg, um Holz aufzusetzen. Schon tagelang hatten sie kräftig gesägt, geschleppt und geschwitzt. Heute sollte endlich das letzte Holz aufgestapelt werden. Es war kühl und angenehm windig, so dass sie mit ihrer Arbeit gut vorankamen.

Gegen Mittag waren sie fast fertig. Also gönnten sie sich eine Pause. Sie setzten sich auf die alte Aussichtsbank, aßen ihr Brot und schauten über das friedliche Tal hinweg.

Plötzlich entdeckte der Ältere von beiden neben ihnen ein tiefes Wühlloch. Erstaunt betrachtete er es. „Hier gibt´s eine Menge Wildschweine“, meinte der Jüngere, „viel zu viele!“ Der Ältere nickte und betrachtete das Wühlloch noch genauer. Es war sehr, sehr tief und rund und sauber ausgewühlt. Außen herum sah der Waldboden aus wie überall. Keine weiteren Wühlspuren. Nun schaute sich der Mann prüfend um. Irgendetwas schien ihn zu beunruhigen. „Du wirst doch keine Angst vor den Sauen haben?“ meinte der Jüngere amüsiert. „Nein, natürlich nicht! Die tun einem ja nichts. Die rennen ja sofort weg. Aber… “ Der Alte sprach nicht weiter und schaute abwechselnd prüfend auf den Waldboden und dann wieder in die Luft. Dem Jüngeren kam das recht merkwürdig vor: „Du meine Güte, was ist denn los mit dir?“ fragte er. Denn langsam beunruhigte ihn das komische Verhalten seines Nachbarn. Aber der brummte nur: “Ach, nichts! Komm, lass uns fertig machen!“ 

Die beiden gingen zurück in den Wald, wobei der Ältere schon wieder den Boden genauestens absuchte. Da! Er blieb stehen und schaute in ein zweites Wühlloch hinein. Es war genauso tief und sauber ausgewühlt wie das erste. Und außen herum war keine einzige weitere Wühlspur. „Hm,“ meinte der Jüngere, „eigentlich merkwürdig. Solche kreisrunden Löcher machen doch Sauen gar nicht!“ „Eben!“ brummelte der Ältere und fing wieder an zu arbeiten. Er packte ein Stück Holz und setzte es auf. Dann das nächste und das nächste. Die beiden arbeiteten schweigend. Ihr Stapel wurde höher und höher. Schließlich lief ihnen der Schweiß herunter, und sie mussten eine Pause machen. Aber anstatt sich hinzusetzen, lief der Ältere in den Wald hinein und suchte wieder den Boden ab. Plötzlich schrak er auffällig zusammen: Er hatte ein weiteres Wühlloch gefunden! Und auch hier keine anderen Spuren darum herum! Jetzt wurde es dem Jüngeren ungemütlich, und er drängte: „Nun sag schon, was stimmt hier nicht?“

„Ich weiß nicht,“ meinte sein Nachbar. „Du stammst nicht von hier. Die alten Leute in Fischbach haben früher von den Wühlgeistern auf dem Sams-Berg erzählt. Aber das sind wohl Altweibermärchen.“  

In dem Moment fegte eine Windböe pfeifend durch den Wald und packte die Mütze des Alten. Er konnte sie gerade noch einfangen. Der Jüngere lachte schallend: „Hallo, da siehst du mal! Ich wusste gar nicht, dass du abergläubisch bist!“ Ein zweiter Windstoß brach durch die Zweige. Noch heftiger als der erste. Aber der Jüngere freute sich nur über die Abkühlung. „Was sollen denn das für komische Geister sein?“ Sein Nachbar druckste ein bisschen herum: „Na ja, eigentlich harmlos. Gesehen hat sie nur mal der alte Schorsch. Der wurde vom Wagen gerissen, als er Holz heimfahren wollte. Wie ein Wind sollen sie sein. Genauer gesagt, wie ein baumhoher Wirbelwind. Und grau und zischend…“ Ein wenig verlegen arbeitete er weiter. Welcher gestandene Mann mag schon zugeben, dass er an Geister glaubt?

Wie befürchtet, lachte der andere schallend los. Aber nur einen Augenblick. Im nächsten Moment  fegte ein plötzlicher Windstoß so heftig über ihn hinweg, dass er beinahe umgerissen wurde. Er klammerte sich am Holzstoß fest, lachte dann aber umso lauter. „Na, lass sie nur kommen, deine Wühlgeister!“

Kaum hatte er das ausgesprochen, entstand vor seinen Augen ein schmaler hoher Wirbelwind. Der war so stark, dass er die Erde aus dem Boden riss und baumhoch in die Luft wirbelte. Blätter und Dreck flogen ihnen um die Ohren. Und von den umstehenden Bäumen krachten Äste herunter. Die beiden duckten sich erschrocken und hielten sich fest. Der Alte konnte gerade noch keuchen: „Sei bloß still!“ Aber der Jüngere war nun verärgert und schimpfte laut: „Deine blöden Wühlgeister können mir gestohlen bleiben! An so einen Mist glaubt doch kein vernünftiger Mensch!“

Da passierte es: Mit einem hohen Jaulton kam ein weiterer Wirbelwind auf sie zu. Blitzschnell drehte er sich um sich selbst, riss alle Pflanzen aus dem Boden heraus und wirbelte sie nach oben. Er war riesig und grau von dem vielen Dreck. Er zischte und pfiff und löste im Wald ein lautes Rauschen, Knacken und Brechen aus. Und er kam näher und näher.

„Mein Gott, ein Wühlgeist!“ stammelte der Alte. Er rannte in Panik den Weg hinunter. Sein Nachbar aber hatte plötzlich noch viel mehr Angst. Er schlotterte regelrecht. Von coolen Sprüchen war nun keine Rede mehr. Mit grünweißem Gesicht stürzte er ohne Weg den Hang zur Straße hinunter. Kein Gebüsch, kein Felsen und keine Brombeerdornen konnten ihn aufhalten. Das Entsetzen saß ihm im Nacken. Kein Wunder, denn oben auf dem Berg erscholl für mehrere Minuten ein furchtbares Poltern und Brechen. Dann herrschte plötzlich Stille. Totenstille.  

Die beiden trafen sich schließlich unten wieder. Der Jüngere war ganz zerkratzt und zerrissen und immer noch kreidebleich. Fast unhörbar stammelte er: „Hast du das gesehen? Er hat ein Gesicht gehabt! Ein richtiges Gesicht! Er hat mich mit hohlen, bösen Augen angesehen und den Mund aufgerissen und gezischt!“

Der andere konnte nur nicken. Ja, er hatte es gesehen. Ganz genau. Schweigend und völlig verstört gingen die beiden schließlich nach Hause. 

Als sie sich nach Wochen endlich wieder in den Wald trauten, um nach ihrem Brennholz zu sehen, waren die Stapel umgeworfen. Alles Holz lag weit verstreut. Und dort, wo der letzte Haufen gestanden hatte, tat sich ein frisches Wühlloch auf. Es war sehr, sehr tief und rund und sauber ausgewühlt…