Sauer-Ufer bei Fischbach
(Geschrieben ca. 2007 - Überarbeitet 2018)

 

Bei Fischbach fließt die Sauer (auch Saarbach genannt) durch ein malerisches, sumpfiges Tal. In der Nähe des westlichen Wehrs wächst eine Gruppe von Rispenseggen. Das sind riesig große Sumpfgrasbüschel.


Geodaten an der Fußgängerbrücke:

N  49°  5,064´     O  7°  42,627´      Höhe: 218 m

 


Sumpfgnoms Streich 

Große Schwestern wissen alles besser. Sie machen ein wichtiges Gesicht und sagen dann herablassend: „Was, das kannst du nicht? Komm ich zeige dir das!“ oder gar: „Ach, versuch´s erst gar nicht. Dafür bist du noch zu klein!“

Daniel hat so eine Schwester. Sie ist schon elf und kann bestens schwimmen. Daniel aber ist erst fünf und hat immer noch Angst, er könnte untergehen. 

Es ist ein heißer Tag, und Gesa ist sauer. Sie wäre so gern nach Dahn ins Schwimmbad gefahren. Aber ohne ihren Bruder darf sie nicht. Und mit ihm soll sie auch erst dann allein ins Bad, wenn er richtig schwimmen kann. So etwas Blödes!

Was nützt es ihr da, dass die Mutter mit ihnen an den Saarbach gehen will? Was ist schon ein bisschen planschen im Bach gegen schwimmen und toben im Freibad! Missmutig schleicht sie hinter ihrer Mutter den Wiesenweg entlang. Neben ihnen fließt der Saarbach und plätschert einladend. Dort an der Brücke dürfen die Kinder baden. Aber jetzt hat sie keine Lust mehr. Sie nörgelt und nörgelt und will ihre Kleider nicht ausziehen. Daniel ist dagegen längst in der Badehose und geht vorsichtig ins Wasser. Ui, ist das kalt! Trotzdem – bei der Hitze ist das ein herrliches Vergnügen! Er spritzt und quietscht und ruft immer wieder nach seiner großen Schwester. Doch Gesa ist sauer und meckert nur: „So was Blödes! Kleinkinderkram! Dafür bin ich schon viel zu groß!“ Die Mutter versucht zu beschwichtigen. Aber irgendwann gibt sie auf, und setzt sich auf die Bank und liest.

Daniel lässt sich seine Freude nicht verderben und planscht weiter. Gesa ärgert sich immer mehr: „Typisch, du Kleinkind! An so einem Pippikram hast du noch Spaß!“ Sie nörgelt so lange, bis auch Daniel keine Lust mehr hat und sich missmutig zur Mutter setzt. Nun hat Gesa ihr Ziel erreicht, aber ihre Laune ist noch genauso schlecht. 

Die Mutter schlägt vor, doch mal bis ans Wehr zu laufen und zu schauen, ob dort nicht gerade eine Bisamratte schwimmt.

O ja! Daniel macht sich fröhlich auf den Weg. Aber Gesa trottet nur lustlos hinter ihm her und nörgelt: „Bäh, Bisamratten! Die hab ich schon hundert Mal gesehen! Laaangweilig!“

Daniel entdeckt einen Fisch, einen ganz großen! Aufgeregt ruft er seine Schwester. Aber Gesa zieht nur verächtlich die Augenbrauen hoch: „Fische sind was für Babies!“

Nun hüpft vor Daniel ein Frosch über den Weg. Geschickt fängt er ihn und zeigt ihn stolz seiner Schwester. Aber auch jetzt murrt sie nur: „Mensch, bist du blöd, Frösche sind auch was für Babies!“

Jetzt ist Daniel sauer: „Hör endlich auf zu meckern! Geh ins Wasser und kühl dich ab. Dann geht es dir auch besser!“ Aber Gesa meint nur: „So ein blöder Bach mit Fischen und Fröschen ist sowieso nur was für Babies!“ Daniel muss heulen und dreht sich weg. Tränen der Enttäuschung laufen ihm über die Wangen. Aber er schluckt tapfer…

Neben ihm im Sumpf steht ein riesiger Seggengrasbüschel. Da! Ganz gewiss! Er hat es genau gesehen: Da guckte ein Zwergengesicht hervor! Ein lustiges mit dicker brauner Nase. Ein Sumpfgnom! Hurra, ein Sumpfgnom! Er schaut Daniel mitfühlend an und zwinkert ihm zu. 




Daniel ist fassungslos vor Freude: „Gesa, schnell! Guck mal da, ein Sumpfgnom! Da im Grasbüschel! Der hat mir gerade zugezwinkert!“ Nun überschlägt sich Gesas Stimme vor affigem Lachen: „Hähähä, ein Sumpfgnom! Hähähä! Du spinnst wohl!“ Sie lacht gemein und verletzend. „Hähähä, du kleines Baby! Du glaubst noch an solche Geschichten? Wenn du erst mal so groß bist wie ich, dann bist du auch schlauer…“

Das ist das Letzte, was er sie sagen hört. Der Sumpfgnom rollt empört und amüsiert die Augen, streckt frech die Zunge heraus und macht mitsamt seinem Grasbüschel einen Riesenhopser in Gesas Richtung. Er prallt mit solcher Wucht gegen sie, dass sie rückwärts ins Wasser fällt. Zu Tode erschrocken schreit sie laut auf und taucht unter. Ausgerechnet an der reißendsten Stelle! Als sie wieder hochkommt, sind ihre Augen vor Angst weit aufgerissen. Aber nicht wegen dem kalten Wasser, sondern weil sie den Sumpfgnom genau gesehen hat.  

Das Wasser fließt stark, und Gesa kriegt kein Bein auf den Boden. Verzweifelt strampelt sie und versucht zu schwimmen. Aber ihr grünes Kleid bläht sich im Wasser auf. Schwimmen geht nicht. Nun muss sie mit der Strömung mithopsen und rudern und wilde, komische Verrenkungen ausführen. Wie ein unbeholfener Riesenfrosch sieht sie aus. Daniel würde gern lachen, aber seine Schwester tut ihm leid. Sie strampelt verzweifelt und versucht, ans Ufer zu kommen. Aber das ist steil und hoch und glitschig. Daniel hält ihr sofort seine Hand hin, und Gesa greift dankbar danach! Wie stark ihr kleiner Bruder schon ist, und wie feste er ziehen kann! Keuchend kann er sie endlich ans Ufer zerren! Tropfend und bibbernd schaut sie ihn an: „Danke, dass du mir geholfen hast! Du bist wirklich schon richtig stark! Fast so stark wie Papa! Und – weißt du was – von dem Sumpfgnom sagen wir der Mama nichts. Das bleibt unser großes Geheimnis!“

Daniel kriegt vor Stolz ganz rote Ohren. Schnell dreht er sich noch einmal zu dem Sumpfgnom um. Aber der ist schon nicht mehr zu sehen. Nur sein Grasbüschel wackelt noch ein bisschen.